In Memoriam für Carola, Gül, Carsten, Michael, Peter - für Eltern, die aus dem Leben ihrer Kinder heraus gefallen sind.
Zu ihrem Gedenken
und in Gedanken bei ihren erwachsenen Töchtern und Söhnen, die den Kontakt zu ihren Vätern und Müttern, aber niemals deren Liebe verloren haben - OHNE DAS ZU WISSEN.

Ein 30-jähriger Sohn wehrt sich gegen das plötzliche Eindringen des toten Vaters in sein Leben.
"Was habe ich mit dem toten Mann zu tun? Ich habe doch den lebendigen Vater gar nicht gekannt.
Ich erinnere mich kaum an ihn. Was muss ich da jetzt machen?
Warum soll ich zu seiner Abschiedsfeier, wie soll ich sein Begräbnis organisieren?
Warum soll ich seine Wohnung ausräumen? Ich kann das nicht. Das soll wer anderer machen. Ich will das nicht. Er war nicht in meinem Leben, dann wäre das etwas anderes. Das kann jetzt niemand von mir verlangen."
Die Freunde organisieren eine Abschiedsfeier. Sie kommen zusammen und reden über die Verstorbenen, tauschen Geschichten und gemeinsame Erlebnisse aus. Sie haben die Hoffnungen, die Enttäuschungen und den lebenslangen Schmerz der Freunde über den Verlust ihres Kindes mitgetragen.
Jetzt hören diese erwachsenen Kinder, wer ihr Vater, wer ihre Mutter AUCH war: ein Mensch, der entgegen aller medizinischen Prognosen seiner behinderten Tochter das Schwimmen beibrachte, ein Mensch, der mit seinem vierjährigen Sohn ein selbst komponiertes und vertontes Lied spielte, ein Mensch, der Aphorismen und Gedichte schrieb, ein Mensch, der mit ausländischen Kindern Spaß-Spieltage erfand.
Es entsteht das Bild eines Menschen, der lebensfroh war und melancholisch,
der ruhig war und wütend,
der offen war und verschlossen, der erfolgreich war und an manchem gescheitert.
Jeder dieser Menschen hatte seine ganz eigenen Lieben: zur Musik, zu Büchern, zum Gärtnern, zum Segeln, zum Fanclub der 2CV Fahrer, zum Bergsteigen, zu Italien.
Die erwachsenen Kinder sind ungläubig und verstört: DEN habe ich nicht gekannt. DAS habe ich nicht gewusst.
Die größte und tiefste Liebe dieser Mütter und Väter blieb ungelebt und unerfüllt, die Liebe zu ihrem eigenen Kind. Diese Liebe wandelte sich mit der Zeit in den Wunsch, sie möge ihre Kinder auf einer höheren Ebene, in der Verbundenheit mit ihrer Seele beschützen und gut durchs Leben tragen.